Unsere größte Kritikerin tragen wir in uns selbst. Täglich macht sie uns das Leben schwer und redet uns ein, dass wir etwas nicht können, nie erreichen werden oder ungenügend sind. Wir zeigen, warum du dich nicht ändern musst.
Du willst dich endlich lieben, endlich einer dieser Menschen sein, die Positivität, Selbstvertrauen und Optimismus versprühen und andere damit anstecken. Stattdessen wird die permanente innere selbstkritische Stimme lauter und die lähmende Unsicherheit größer. „Negative Gefühle sind Energieräuber“, sagt Uli Bott, Diplom-Pädagogin und Autorin des Buches “Von der Motzkuh zur inneren Chearleaderin”, in dem sie darüber schreibt, warum positives Denken allein nicht funktioniert. „Wenn wir uns trotz regelmäßiger Pausen und Zeit für uns selbst erschöpft und belastet fühlen, hängt das oft mit unserer inneren Stimme zusammen.“
Negative Gedanken sind Energieräuber
Negative Gedanken füttern nämlich negative Emotionen, die wiederum unseren Körper ausbremsen. „Ich stelle mir dazu immer ein kleines Männchen vor, das auftaucht, sobald jemand negative Gefühle hegt, und das mit einer Schöpfkelle die Lebensenergie aus diesem Menschen herausschöpft. Je negativer die Gefühle, desto größer die Kelle und desto mehr Wiederholungen macht das Männchen“, so Bott. Und die verselbstständigen sich dann: „Wer sich schon morgens schlecht fühlt und sich dann dafür verurteilt, immer noch erschöpft zu sein und wieder und wieder an sich selbst zweifelt, dreht sich immer tiefer in die Spirale der Negativität hinein.“
Es kommt darauf an, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen
Das schadet nicht nur unserer Psyche, sondern auch unserem Körper: Die Ursache von bis zu achtzig Prozent aller Krankheiten kann auf übermäßigen Stress zurückgeführt werden. Wir können uns also regelrecht krank denken. Doch es sind nicht unsere negativen Gefühle, die uns krank machen, sondern unser Umgang mit ihnen. „Negative Emotionen werden weggeschoben, verdrängt, unterdrückt“, so Bott. Dafür nutzen wir unsere innere Stimme. „So schlimm ist das nun auch wieder nicht. Ich hatte einfach zu hohe Erwartungen. Anderen Menschen geht es noch viel schlechter!“ Mit solchen Sätzen versuchen wir dann, unsere Emotionen zu unterdrücken.
Bott sagt: „Gefühle wie Trauer und Enttäuschung bekommen so keinen Raum.“ Wir wissen nicht, wie wir mit starken Emotionen aktiv umgehen können. das Dilemma: „Aus der aktiven Strategie des Verdrängens von Emotionen wird mit der Zeit eine Gewohnheit.“ So ist das auch bei mir: Ich muss funktionieren. Meiner Familie und meinen Freunden einen sicheren Halt bieten. Für negative Gefühle meinerseits ist da kein Platz. Doch bin ich wirklich ein sicherer Halt für andere, wenn ich so viele Gefühle in mir verdränge?
Die Kunst, Gefühle loszulassen
Für Uli Bott funktioniert ein konstruktiver Umgang mit negativen Gefühlen nur, indem wir Ja zu ihnen sagen. Sie fühlen. Uns Sorgen und Ängsten, Trauer und Enttäuschung stellen. Denn Schmerz verschwindet nicht, wenn wir ihn ablehnen. Er bleibt in uns, entzündet sich, schwächt uns. Besonders Frauen sind davon betroffen. „Reiß dich zusammen!“, „Stell dich nicht so an!“, „Mach nicht so ein Theater!“, sind nur einige der Sätze, die wir in unserer Kindheit zu hören bekamen, wenn wir negative Emotionen zum Ausdruck brachten.
Heute sind es nicht mehr Eltern und Erzieher, die diese Sätze zu uns sagen. Heute sind wir es selbst. Gerade Frauen leiden unter ihrer negativen inneren Stimme. Die Sätze haben sich eingebrannt in unsere Festplatte. „Wir passten uns an, waren das liebe Mädchen, wahrten den Schein und bargen unsere Gefühle.“ Was später dazu führt, dass wir aufhören uns zu wehren. „Wir begehren nicht auf, sind gefügig, tragen es mit Fassung, wenn wir wieder schlechter bezahlt, auf unsere Äußerlichkeiten reduziert oder qua Geschlecht auf Haushalt und Kinder reduziert werden“, so bringt es Bott auf den Punkt.
Jedes Gefühl darf sein und ausgelebt werden
„Ich finde es ist an der Zeit, diese vermaledeite Angepasstheit zu überwinden und zu allen Gefühlen Ja zu sagen. Zu erkennen, dass wir die Stärke in uns finden können, uns selbst zu mögen, gerade wenn wir unseren eigenen Weg gehen“, fordert die Diplom-Pädagogin. Anstatt allen anderen gefallen zu wollen, zählt dabei nur eine Person: Wir selbst. „Weil es unser Leben ist und nur wir wissen können, wie wir dieses Leben führen wollen.“
Zum Weiterlesen: Uli Bott, “Von der Motzkuh zur inneren Chearleaderin”, Herder Verlag
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