Aussöhnung mit dem
eigenen Körper

Katrin Jonas, Körper-Mind-Terapeutin und Autorin des Buches “nackt” berichtet darüber, warum es so wichtig ist, sich mit dem eigenen Körper zu versöhnen und wie das gelingen kann.

Katrin, warum hat das ‚Sich-nackt-Machen‘ für dich eine so elementare Bedeutung?

‚nackt‘ bedeutet, schonungslos und ungeschminkt ehrlich gegenüber sich selbst zu sein, eben sich vor sich selbst ‚nackt zu machen‘. Das ist notwendig, damit eingefleischte Körperaversionen weichen und eine Versöhnung mit dem abgelehnten Körper erfolgen kann. Sich selbst reflektierend, müssen Frauen ihren splitternackten Tatsachen ins Auge schauen.

Zweitens sollen Frauen sich selbst ‚pur‘ wahrnehmen. Auf der Grundlage der ungeschminkten Wahrheit setzen sie dann ihre neuen Schritte, die aus dem eigenen Erleben und Erfahren kommen. Sie sind echt, pur, frisch, ja, nackt eben. Der Körper darf ‚bloß‘ sein, entblößt, sich die Blöße geben.

Und drittens sollen Frauen ihren nackten Körper fühlen und lieben. Deswegen ermutige ich sie beispielsweise mit einem Nackt-Spiegeltest oder einem Nackt-Körperscan, sich mit der Nacktheit ihres Körpers zu beschäftigen und anzufreunden. Unser Körperempfinden ist ohne enge oder figurverändernde Kleidung wesentlich feiner. Außerdem wirkt sich ein positives Verhältnis zum eigenen Nacktsein auf die Sexualität aus. Eine Frau, die sich mit ihrer Nacktheit sicher fühlt, hat eine große Chance, dass sie auch ein positives Verhältnis zu ihrer Sexualität haben kann.

Wie lerne ich, mich mit meinem Körper zu versöhnen?

Zunächst gilt es, das “Ja” zum Körper zu finden – also um einen grundsätzlichen Fokuswechsel. Wenn eine Frau lernt, ihren Körper anzunehmen, ihn als Freund zu sehen, verabschiedet sie sich von der permanenten Körperkritik und von der Sucht, ihn verbessern zu wollen.

Im nächsten Schritt muss das “Gegen” in ein “Für” verwandelt werden. Frauen wollen meist wissen, was sie GEGEN ein körperliches Geschehen oder GEGEN ein physisches Problem machen sollen. Besser wäre es, wenn sie sich fragen, was sie FÜR ihren Körper tun können. Diese Fragestellung würde sofort Alternativen aufzeigen, während die GEGEN-Variante immer in die Reaktivität, in Kampf und folglich in Dauerfrust mündet.

Dann erfolgt die Verlagerung vom “Was” zum “Wie”. Frauen fragen auch zumeist, WAS sie gegen ein Problem machen können und WAS ich empfehle, um dies oder jedes in den Griff zu kriegen. Doch während das WAS nie etwas mit dem individuellen Körper zu tun hat, kann das WIE sofort Lösungen aufzeigen: WIE wäre es besser, angenehmer, gesünder oder natürlicher für den Körper? WIE kann ich es meinem Körper leichter machen?

Und zum Schluss sollten Frauen ein ausgereiftes Empfindungsvermögen entwickeln, mit ihrer Wahrnehmungswelt vertraut sein und diese als Gradmesser und Wegweiser für das eigene Handeln respektieren. Mit einer ausgeprägten Empfindungssicherheit weiß eine Frau intuitiv, was für sie und ihren Körper richtig und passend ist. Dann wird es ihr schwerfallen, gegen ihn vorzugehen, ihn permanent zu kritisieren und abzulehnen.

Warum ist Ehrlichkeit so unverzichtbar?

Grundsätzlich kann man nur mit einem ehrlichen Verhältnis zum Körper am Steuerrad seines Lebens sitzen. Wann immer eine Frau dem Unechten, Falschen und von anderen Abkopierten folgt, wird sie vielleicht dem Zeitgeist entsprechen und Gefallen ernten. Aber was ist das wirklich wert? Wenn es nicht auf einem inneren Selbstverständnis beruht, wird sie sich nie hundertprozentig wohl in ihrer Haut und sicher in ihrem Leben fühlen. Sie weiß, dass ihre Maskerade in jedem Moment auffliegen und wie ein Kartenhaus zusammenfallen kann.

Das kommt insbesondere in Beziehungen zum Tragen: Wenn diese über ein äußeres Bild oder die bloße Attraktion geschlossen werden, ist irgendwann das Outen unvermeidlich. Und je größer die Diskrepanz zwischen dem Unnatürlichen und dem Natürlichen, desto größer ist der ‚Fall‘. Die vielen Sehnsüchte, die Frauen in Bezug auf ihr Leben, auf Partnerschaften und Glück haben, erfüllen sich definitiv nur über die Natürlichkeit, ein wahres Selbstempfinden und die Liebe zu sich selbst.

Was entsteht, wenn wir uns in unserem Körper Zuhause fühlen?

Mit einem Zuhause-Gefühl im Körper steigen Frauen aus dem Wettrennen um ein Mehr- oder Anders-sein-Wollen aus und agieren mit ihrem Körper Hand in Hand. Diese Normalität vermittelt ihnen die Erfahrung eines tiefen Entspanntseins und schafft den Nährboden für Wohlgefühl und Lebensfreude. Es gibt keinen Druck, irgendeiner fremden Identität hinterherzulaufen und Illusionen aufzusitzen. Für mich liegt in diesem Zuhause-Gefühl im eigenen Körper das Geheimnis von Gesundheit, einer Gesundheit, die eine innere Basis hat.

Darüber hinaus entsteht eine ‚von innen heraus gewachsene‘ Selbstsicherheit, ein körperbasiertes Selbstverständnis. Das bewahrt Frauen vor unguten, folgenschweren und krank machenden Entscheidungen, weil sie wissen, was für sie stimmt und was nicht. Ihre inneren Warnblinker reagieren sofort, wenn sich etwas gegen sie richtet oder etwas aus der Balance geraten ist. Fremde Lebenskonstrukte werden für sie uninteressant. Zentriert, beweglich und geerdet kann sie ihr Leben genießen. Ein Leben, das ihrer Natürlichkeit entspricht.

Wie wirkt sich gelebte Authentizität aus?

Jede Frau unterliegt einem flächendeckenden Bombardement mit Ratschlägen zu Körperidealen, die sie übernehmen sollte. Indem sie alle „Sollte“ aus ihrem Wortschatz streicht, bleibt sie einfach mit sich verbunden und handelt so, wie sie ist. Eine authentischere Handlungsgrundlage kann es nicht geben: Nicht das ‚Außen‘ regiert ihr Innenleben, sondern ihr Innenleben regelt ihre Aktionen im Außen. Anstatt wie ein Blatt im Wind zu sein, gleicht ihr „Standing“ einem Baum mit starken Wurzeln.

Katrin Jonas ist Internationale Körper-Mind-Therapeutin, Meditations-Mentorin und Expertin für Stressmanagement. Sie coacht europaweit Klienten, organisiert Workshops, Retreats sowie BodyWareness-Trainings für Therapeuten, Ärzte und Körper-Mind-Coaches. Zuletzt ist 2019 ihr Buch “nackt” erschienen. www.katrin-jonas.com

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