Die Menopause – neu erzählt

Wäre die Menopause ein Ferienhaus, würde sie in den Bewertungen ungefähr so ausfallen: „Der Laden hat Probleme mit der Temperaturregelung. Erst schweißtreibende Hitze, dann wieder eisige Kälte. Setzt die Regeln der Thermodynamik außer Kraft. Nicht zu empfehlen.“ Doch frau könnte es auch ganz anders sehen.

Die Bettlaken sind durchgeschwitzt, die Garderobe geschrumpft und die Treppe in den ersten Stock ist irgendwie steiler geworden. Ja, viele halten die Menopause für eine Art Albtraum-Urlaub, aus dem man nie zurückkehrt. Kein Wunder also, dass bei der Nachricht, „Sie sind in der Menopause“, selten jemand in Jubel ausbricht. Die Flyer in der Frauenarztpraxis sprechen dabei bereits für sich: „Depression und Menopause“, „Gewichtszunahme in den Wechseljahren managen“, „Vaginale Trockenheit“. Und es stimmt ja auch: Die Menopause kann mit allerlei unangenehmen Begleiterscheinungen daherkommen, mit Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen seien nur die bekanntesten genannt. Und das Risiko für Erkrankungen wie Osteoporose, Demenz und Schlaganfälle erhöht sich auch noch.

Wechseljahre als eine Zeit der Stärke

„Viele von uns sehen in den Wechseljahren keine Lebensphase, sondern eine Todeszone, so eine Art Vortod“, schreibt die Gynäkologin Jen Gunter. Anders als die Pubertät, die als Eintritt in das Erwachsenwerden zelebriert wird, obwohl sie neben Pickeln und Stimmungsveränderungen auch mit erhöhten Risiken für schwerwiegende psychische Erkrankungen einhergeht, wird die Menopause nicht als ein Anfang, sondern als ein Ende wahrgenommen. Ein Ende von Fruchtbarkeit, von sexueller Lust, körperlicher Fitness und Unbeschwertheit.
Dabei sind die Wechseljahre keineswegs ein Vorbote des Todes, sondern eine Lebensphase, die beinahe einzigartig im Tierreich ist. Denn neben uns Menschen leben nur noch die Weibchen einiger Walarten über ihr fortpflanzungsfähiges Alter hinaus. Dass Frauen nach ihrer letzten Periode noch ein Drittel bis die Hälfte ihres Lebens vor sich haben, ist erst einmal wenig einleuchtend, denn eine Veranlagung, die uns davon abhält, weitere Nachfahren zu gebären, sollte sich eigentlich nicht weitervererben.

„Die Menopause dient der Gesellschaft“

„Nach der Menopause können Frauen allerdings ihr genetisches Erbe unmittelbar schützen, indem sie zum Überleben ihrer Enkelkinder beitragen“, erklärt Gunter in ihrem Buch „Das Menopause Manifest“. Und so haben Untersuchungen auch nachgewiesen, dass im indigenen Hadza Volk Frauen mit der Unterstützung ihrer Mutter im Durchschnitt zwei Kinder mehr bekommen. Großmütter übernehmen wichtige Aufgaben wie Jagen und Sammeln oder die Betreuung der Enkelkinder und sind von großem Wert für die Familie. „Die Menopause dient der Gesellschaft“, schlussfolgert Dr. Gunter.

Diese neuere Forschung widerspricht dem weit verbreiteten Narrativ, die Wechseljahre seien etwas Unnatürliches und allein durch die Überalterung unserer Gesellschaft bedingt. Und nach wie vor ist die Vorstellung weit verbreitet, dass es sich bei den Wechseljahren um eine Art Krankheit handelt. Dies liege vor allem an den patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft, erklärt Gunter. Der Wert einer Frau werde – mehr oder weniger bewusst – vor allem an ihrer Fortpflanzungsfähigkeit festgemacht. Die Wechseljahre gelten dadurch als unattraktiv und schambehaftet und verschwinden unter einem Deckmantel der Verschwiegenheit.

Menopause und Feminismus

„Ich proklamiere hiermit, dass wir die Menopause nicht länger als eine Krankheit betrachten, weil das letztlich bedeutet, dass auch Weiblichkeit eine Krankheit ist“, betont Dr. Gunter. Ihr Buch heiße nicht ohne Grund „Das Menopause Manifest“. Viel zu lange sei der Blick auf die Menopause durch patriarchale Strukturen geprägt worden. Doch „Männer haben nicht darüber zu befinden, was den Wert einer Frau ausmacht, egal wie alt sie ist“.
Doch wie befreit man sich von einer Perspektive auf die Wechseljahre, die durch Jahrhunderte von Sexismus und Bevormundung geprägt ist? Das gehe nur mit Bildung, denn „den Körper zu verstehen ist ein feministischer Akt“, so drückt es Gunter aus. Nur wer die Vorgänge in seinem Körper versteht und weiß, welche Symptome bei der Menopause zu erwarten sind und in welchen Fällen professionelle Hilfe hinzuzuziehen ist, kann sich von Vorurteilen freimachen und die eigene Gesundheit selbst in die Hand nehmen …
Mariele Diehl

Zum Weiterlesen: Jen Gunter, Das Menopause Manifest, Südwest Verlag

Den ganzen Artikel von Mariele Diehl, in dem sie 6 positive Veränderungen beschreibt, die die Menopause mit sich bringt, finden Sie in der bewusster leben Ausgabe 4/2022

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