Sich selbst zu lieben, ist eine der größten Herausforderungen. Wir zeigen, wie du dein Selbstwertgefühl stärkst und eine lebenslange, liebevolle Beziehung mit dir eingehen kannst.
Ich erinnere mich noch genau an jenen Samstagabend, als meine Freundinnen und ich uns in meinem Zimmer im Haus meiner Eltern versammelten, bereit für eine weitere Folge unserer Lieblingsserie „Sex and the City”. Die glamourösen Abenteuer der New Yorkerinnen Carrie, Miranda, Charlotte und Samantha hatten uns schon oft zum Lachen, Nachdenken und gelegentlich auch zum Weinen gebracht. Doch an diesem Abend sorgte eine Episode für einen Gedanken, der bis heute nachhallt.
In besagter Folge verkündete die Stil-Ikone Carrie Bradshaw, dass sie vorhabe, sich selbst zu heiraten. Huch, was? Entfuhr es uns einstimmig. Wie kam Carrie, eine attraktive Karrierefrau, die sich vor gesellschaftlichen Verabredungen und Männern kaum retten konnte, auf eine solch absurde Idee? Wir sahen einander an und begannen nach einer kurzen Pause, die Geste der Selbstheirat ins Negative zu ziehen und als Zeichen der eigenen Unzulänglichkeit zu deuten: „Wahrscheinlich findet sie keinen Mann“, sagte Mara. „Ja, sie hat ja auch eine schwierige Persönlichkeit“, betonte Pia. Wir nickten. Zu diesem Zeitpunkt kam niemand von uns auf die Idee, ihre Aussage als Zeichen der eigenen Unabhängigkeit zu werten. Oder noch viel wichtiger: Als Zeichen einer tiefen Liebe zu und einer Genügsamkeit mit sich selbst.
Lerne dich selbst zu lieben
Im Laufe des Erwachsenwerdens erkannte ich, dass sich die banale Serienfolge in etwas viel Bedeutenderes verwandelte. Die scheinbar oberflächliche Idee, sich selbst zu heiraten, führte zu der Idee von radikaler Selbstliebe, und die war der Kern von Carries Botschaft. Und ich musste mir zunehmend selbst die Frage stellen: Liebe ich mich denn auch so sehr, dass ich mir selbst genug bin? Würde ich mich selbst heiraten?
Sologamie: Die Braut, die sich allein traut
Sologamie, Selbstliebe, Heirat mit sich selbst – Begriffe, die den Weg zu einer tieferen Verbindung mit dem eigenen Ich ebnen. Diese Reise zu radikaler Selbstakzeptanz öffnet die Tür zu einem intensiven Dialog mit uns selbst. Wie können wir lernen, uns bedingungslos zu lieben? Wie navigieren wir durch die Höhen und Tiefen der Beziehung zu uns selbst? Die Antworten führen uns zu einem bewussteren Leben, zu einem tieferen Verständnis unseres Selbsts und zu einer Liebe, die nicht von äußeren Umständen abhängt.
Der aktuelle Trendbegriff für die radikale Form der Selbstliebe ist Sologamie. Anders als traditionelle Beziehungsformen beinhaltet diese nur eine Person: dich selbst. Mit feierlichen Zeremonien, die einer Eheschließung ähneln, betont sie die Wertschätzung der Selbstliebe. Diese öffentliche Zurschaustellung der Selbstliebe verändert das Bild des Singlelebens und zeigt, dass Glück und Erfüllung nicht allein durch traditionelle Partnerschaften erreicht werden können. Sologamie ist die Feier der eigenen Individualität und die Befreiung von gesellschaftlichen Zwängen, die vorgeben, welche Rollen wir in Beziehungen zu anderen einnehmen sollen.
Umarme deine Schwächen
In Deutschland ist Sologamie vor dem Gesetz nicht anerkannt. Doch für diejenigen, die diesen Schritt wagen, hat die Selbstverbindung eine tiefere Bedeutung: Die Selbstehe ist ein Ausdruck der radikalen Selbstliebe. Es ist die Entscheidung, sich selbst bedingungslos anzunehmen, ohne sich von äußeren Erwartungen beeinflussen zu lassen. Es ist die stille, aber entschlossene Wahl, sich treu zu sein. Wenn man beginnt, sich voll und ganz anzunehmen, kann das die Initialzündung für eine faszinierende Reise nach innen sein.
Saskia Rohleder
Zum Weiterlesen: Veit Lindau, Heirate dich selbst, Gräfe und Unzer Verlag Verlag, 18 Euro
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