Seit jeher gilt das Herz als Sitz unserer Gefühle. Neueste Forschungsergebnisse bestätigen nun „altes“ Wissen: Unserem Herzen wohnt eine Intelligenz inne, aus der wir ungeahnte Kräfte schöpfen können. Unser Autor Reiner Krutti weiß mehr über die Herzintelligenz.
Wir sind keine rationalen Wesen mit Emotionen, sondern wir sind emotionale Wesen mit Gedanken. Denn jeden Tag bestimmen Emotionen unser Leben. Positiv wie negativ: Wir ärgern uns im Straßenverkehr und freuen uns über frische Blüten im Garten. Wir lachen und weinen, wir finden Zuneigung und trauern, wir lieben und leiden im Kino mit und im Sport, erleben Genuss und Wohlbefinden. Ein Leben ohne solche emotionalen Regungen wäre fad und farblos. Doch in unserem Alltag begegnen uns auch immer wieder schwierige, weil unangenehme Emotionen. Und von so manchen dieser schwierigen Emotionen sind wir überzeugt, ihnen ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Ich kenne viele Menschen, die auf der Suche sind nach ihrer inneren Balance. Vielleicht geht es Ihnen ja auch so, weil Sie zu viele unangenehme Momente erleben und die Leichtigkeit in ihrem Leben vermissen. Damit wir (emotional) aufblühen, braucht es dreimal so viele positive Erlebnisse wie bedrückende emotionale Erfahrungen. Dieses Verhältnis von drei zu eins nennen die positiven Psychologen „Positivity Ratio“ („positiver Quotient“). Die meisten Menschen haben jedoch nur ein Verhältnis von zwei zu eins, depressive Menschen sogar weniger als eins zu eins. Eine emotionale Aufwärtsspirale schaffen wir also nur, wenn wir Momente mit unangenehmen Emotionen reduzieren und jene mit angenehmen Emotionen steigern. Unangenehme Emotionen werden oft durch Gedanken an bevorstehende Ereignisse oder durch das häufige Wiederkäuen von vergangenen Situationen ausgelöst. Wussten Sie, dass bis zu 70 Prozent unseres persönlichen Energiehaushaltes von unseren Emotionen beeinflusst werden und uns Ärger, Wut und Frust jede Menge Energie rauben? Schon allein aus diesem Grund ist es unabdingbar zu lernen, unser emotionales Erleben zu regulieren und so die emotionale Intelligenz (Herzintelligenz) zu steigern.
Das Herz hat ein „Gehirn“
Das emotionale Gehirn kennt den Körper viel besser als das kognitive Gehirn. Aus diesem Grund kommt man oft leichter über den Körper als über die Sprache an die Gefühle heran. Und das Organ, dem von alters her der Sitz der Gefühle zugesprochen wird, ist unser Herz. Was unsere Sprache schon seit ewigen Zeiten ausdrückt – bspw. sein Herz verlieren, kaltherzig, das Herz rutscht in die Hose, Herzlichkeit – hat mittlerweile in der Wissenschaft eine Basis gefunden. Als der Neurokardiologe Armour Anfang der 1990er Jahre seine Forschungsergebnisse vorstellte, galt dies als kleine Sensation, wurde doch dadurch bestätigt, was in vielen Kulturen schon lange insgeheim vermutet wurde: In unserem Herzen gibt es ein komplexes Nervensystem, das als eigenständiges „kleines Gehirn“ funktioniert. Es besteht aus vielen tausend Nervenzellen, die ein umfassendes, unabhängiges System bilden, das über das Herzschlagmuster einen ständigen Dialog mit dem eigentlichen Gehirn führt. Das heißt, das Herz nimmt Dinge wahr und fühlt. Und wenn es spricht, beeinflusst es die Physiologie unseres gesamten Körpers, angefangen beim Gehirn. In dieser Herz-Gehirn-Kommunikation liegt quasi der Schlüssel zur emotionalen Intelligenz. Aber welche Sprache spricht eigentlich unser Herz?
Die Sprache des Herzens
Unser Herz ist kein Metronom, denn der zeitliche Abstand zwischen zwei Herzschlägen ist nie gleich. Diese Veränderlichkeit wird Herzfrequenzvariabilität oder Herzratenvariabilität (HRV) genannt. Diese kann einem gleichmäßigen Muster folgen oder sehr chaotisch ablaufen. Das Muster der HRV wird dabei von unseren Emotionen beeinflusst. Forscher des Institute of HeartMath® haben entdeckt, dass Ärger, Angst, Wut, Frust etc. den Rhythmus des Herzens unregelmäßig bis chaotisch werden lassen. Und sie haben mit der Herzintelligenz eine leicht zu lernende Methode entwickelt, die sogenannte Herzkohärenz zu erzeugen, einen regelmäßig auf- und abschwingenden Rhythmus. Das schaffen wir durch ebenso einfache wie effektive Atem- und Fokussierungsübungen. Und mit einem Biofeedback- System können wir sogar messen, welcher Grad an Kohärenz jeweils erreicht ist. Mit dieser Sprache des Herzens beeinflussen wir unser emotionales Gehirn und damit unsere Emotionen am Ort ihres Entstehens.
Herzintelligenz entwickeln
Die gute Nachricht ist: Wir können unsere Herzintelligenz® jederzeit weiterentwickeln. In einem ersten Schritt geht es darum, negative emotionale Ladung zu reduzieren und die innere Balance zurückzugewinnen. Erst dann können wir uns in einem zweiten Schritt voll und ganz auf das bewusste Erleben von angenehmen Emotionen konzentrieren. Herzintelligenz entwickeln heißt Positives Fühlen statt positiven Denkens! Dazu können wir in unserem Inneren Gelegenheiten schaffen, die positiv geladene Emotionen erzeugen. Denn wir alle haben in uns eine Vielzahl angenehmer Emotionen wie Wertschätzung, Mitgefühl oder Dankbarkeit abgespeichert, die wir uns nur bewusst machen müssen.
Reiner Krutti
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