Von der Landstraße in die Mitte des Herzens. Unsere Autorin erzählt von der Freiheit auf vier Rädern, unerwarteten Begegnungen und dem kleinen Glück hinter jeder Kurve.
Heute beginne ich eine Reise, die mein Leben verändern wird. Mein treuer Bulli und ich – wir sind bereit für sieben Tage voller Abenteuer, Begegnungen und Selbstfindung. Es fühlt sich an, als würde die Welt auf mich warten, und ich bin fest entschlossen, sie zu entdecken. Denn ich habe das Gefühl, weglaufen zu müssen. Nicht vor jemandem, sondern vor dem Stillstand in mir. Mein Job, meine Wohnung, mein Alltag – alles fühlt sich an wie ein festgefahrener Gang, bei dem ich die Kupplung verloren habe. So sitze ich in meinem blauen Bulli, die Tasche auf dem Rücksitz, kein fester Plan. Nur ein Ziel: unterwegs sein. Ich nenne es einen Roadtrip ins Glück. Auch wenn ich noch nicht weiß, wo ich es finden werde. Vielleicht in mir? Der Tank ist voll, die Playlist steht. Ich fahre los.
Der erste Stopp
Ich lande in einem kleinen Ort, irgendwo zwischen Wiesen und alten Kopfsteinpflasterstraßen. Schlendere durch Gassen, beobachte Menschen Ich trinke Eistee in einem Café, das aussieht wie aus einem alten französischen Film. Alles geht langsamer hier. Und ich? Ich lasse mich treiben. Kein Plan fühlt sich gerade richtig an. Setze mich in einen kleinen Park auf eine Blumenwiese. Ich lausche dem Wind, der sanft über das Gras streicht, dem Zwitschern der Vögel und dem leisen Summen einer Biene in der Luft. Und neben mir auf der Wiese, inmitten der bunten Blumen liegt es: mein Glückstagebuch. Ich schreibe hinein: Vielleicht beginnt das Glück mit der Bereitschaft, es nicht sofort finden zu müssen.
Die Einsamkeit auf der Autobahn
Die ersten beiden Tage waren laut. Musik, Podcasts, Gedanken. Heute ist es still. Und das macht mir Angst. Stille hat eine eigene Stimme. Sie spricht in Fragen: Warum fährst du eigentlich los? Was fehlt dir? Wovor fliehst du? Ich versuche, sie zu ignorieren, aber sie sitzt auf dem Beifahrersitz und schweigt mich lauter an als jedes Radio.
Ich übernachte auf einem kleinen Campingplatz. Der Himmel ist klar, der Mond hell. Ich bin allein in meinem Bulli und denke: Vielleicht ist das Glück nicht laut. Vielleicht ist es genau hier. In dieser Ruhe, in diesem Mut, nicht mehr wegzusehen.
Zeichen lesen lernen
Am Morgen sehe ich einen Schmetterling auf meiner Windschutzscheibe sitzen. Einfach so. Ich muss lächeln. Ich beginne, auf kleine Zeichen zu achten. Das Eichhörnchen, das meinen Weg kreuzt. Das Kind, das mir beim Tanken zuwinkt. Der alte Mann, der mir ungefragt die Richtung erklärt. Vielleicht ist das Leben voller Hinweise. Vielleicht will das Leben, dass ich wieder sehen lerne – nicht nur mit den Augen, sondern mit dem Herzen.
Der See in mir
Ich habe einen Ort gefunden. Ein kleiner See in Süddeutschland. Kaum jemand da. Ich bleibe und gehe schwimmen. Sitze dann auf einem Steg und lasse die Beine baumeln. Plötzlich kommen Erinnerungen. An unbeschwerte Kindertage. An das Gefühl, dass alles möglich ist. Wann habe ich das verloren? Ich schreibe in mein Tagebuch: Ich will mich wieder spüren. Nicht funktionieren.
Zum ersten Mal seit Langem spüre ich Dankbarkeit – nicht für etwas Großes, sondern für den Moment. Für das Wasser an meinen Füßen. Für die Wärme der Sonne. Für mein Herz, das langsam wieder lernen darf, leicht zu sein.
Postkarte an mich selbst
Ich schreibe mir selbst eine Postkarte. Ich finde sie in einem kleinen Laden mit alten Holzregalen. Auf ihr steht: „You are exactly where you need to be.“ Ich schicke sie an meine eigene Adresse. Als Erinnerung. Als Versprechen. Als Geste der Selbstfürsorge. Ich fühle mich zum ersten Mal auf dieser Reise nicht verloren, sondern angekommen – mitten in mir.as braucht: Trinken, Essen, Verdauung, Wärme, Schlaf … und das sind erst die elementaren Bedürfnisse, da sprechen wir noch nicht vom neuesten iPhone, dem Hammer Segelturn und dem Traummann.
Clara Sommer
Den ganzen Artikel finden Sie in unserer bewusster leben Ausgabe 4/2025
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