Sei realistisch, erwarte Wunder!

Wie wir das zarte Gefühl der Zuversicht in eine gefestigte, innere Haltung verwandeln und in Krisenzeiten neue Hoffnung schöpfen.

Wir alle kommen mit einem angeborenen Gefühl der Zuversicht auf die Welt. Die Zuversicht ist es, die unsere kindliche Neugier und Entdeckerlust weckt, die uns dazu anspornt, stets Neues auszuprobieren, ohne Gewiss­heit, dass unser Vorhaben gelingt. Diesem Lebensmut haben wir deshalb die meisten unserer frühkindlichen Entwicklungen zu verdanken – laufen lernen, sprechen lernen, den Brei selber löffeln, sprechen und vieles mehr.

Universelle Zuversicht

Auch als Erwachsene können wir auf das universelle, tief in uns liegende Gefühl der Zuversicht als Motivator zurückgreifen, wenn wir uns einer Aufgabe stellen oder Neues angehen. Eine unbekannte Spazier-Route ausprobieren, ein exotisches Gericht kochen, jemanden um ein erstes Date bitten oder der/dem Liebs­ten einen Heiratsantrag machen – im Großen wie im Kleinen ist ein Quäntchen Zuversicht nötig, um fern der geliebten Komfortzone etwas zu wagen. Hätten wir nicht wenigstens den kleinsten Funken Hoffnung, der sich unserem inneren Zweifler mutig entgegenstellt, würden wir es wohl gar nicht erst versuchen. In der Hoffnung drückt sich das Vertrauen in die Zukunft aus.
Doch nicht jeder bringt den Mut auf, die Frage aller Fragen zu stellen, nicht jeder traut sich an neue Rezepte, einen neuen Job oder die lang ersehnte Zukunftsvision heran. Kann es sein, dass uns die Zuversicht auf dem Weg ins Erwachsenenalter etwa verloren geht?

Persönliche Zuversicht

Neben der universellen, uns mitgegebenen Zuversicht gibt es auch die ganz persönliche Zuversicht. Sie wird im Laufe der Jahre stark von unseren eigenen Erfahrungen geprägt. Sind uns neue Vorhaben häufig geglückt? Haben wir in der Vergangenheit Lebenskrisen gemeis­tert? Konnten wir gesundheitliche Einschränkungen überwinden und genesen? Haben wir die Erfahrung gemacht, dass so manches Vorhaben mehrere Anläufe braucht und wir es schaffen können, wenn wir dranbleiben? Lässt sich dies bejahen, hat sich das zarte Gefühl der Zuversicht höchstwahrscheinlich in eine gefestigte, innere Haltung verwandelt. Eine solche innere Erwartungshaltung ist fest davon überzeugt, dass positive Erlebnisse auch jetzt oder in der Zukunft immer wieder möglich sind – nicht zuletzt, weil wir die Überzeugung nähren konnten, dass wir selbst etwas zum Gelingen beitragen können. Die sogenannte Selbstwirksamkeit ist es auch, die uns dazu antreibt, für uns und unsere Wünsche loszugehen – auch dann, wenn die Gefahr besteht, zu scheitern, getreu dem beliebten Motto: „Einfach mal machen, könnte ja gut werden.“

Authentischer Optimismus

Zuversicht ist ein „authentischer Optimismus“, ganz ohne rosarote Brille. Dem Leben vertrauensvoll entgegen zu blicken heißt nicht, naiv zu glauben, dass an einem bestimmten Punkt in der Zukunft alles in vollkommener Harmonie und Freude erstrahlt, dass alles „perfekt“ sein wird. Zuversicht ist bescheidener, zarter. Sie flüstert mir ins Ohr: „Es ist okay, nicht alles unter Kontrolle zu haben. Es gehört dazu, Ängste, Sehnsüchte, Traurigkeit zu spüren und dennoch darin zu vertrauen, dass neben all dem Herausfordernden immer auch viel Gutes auf dich wartet.“

Denn das Leben hält immer wieder Höhen und Tiefen für uns bereit. Um die Aussicht von einem hohen Gipfel genießen zu können, ist es unausweichlich, sich auch dem Tief zuzuwenden, emotionale Täler mutig zu durchschreiten und nicht wie angewurzelt stehen zu bleiben. Wenn wir „Ja“ zu unseren herausfordernden Lebensabschnitten und Emotionen sagen, wenn wir die Illusion aufgeben, dass ein glückliches Leben ein Leben ohne Angst, Wut, Scham oder Traurigkeit bedeutet, können wir wahrhaftig zuversichtlich sein und uns immer wieder voller Vertrauen ins Abenteuer Leben stürzen.

Vertrauen und Zuversicht

Wir wissen dann tief in uns, dass eine Herausforderung stets zeitlich begrenzt ist, wir nicht dauerhaft darin gefangen bleiben und sie lediglich eine Phase im Leben ist – ein holpriger, steiler, vernebelter, stürmischer Abschnitt auf unserem Lebensweg.

Zuversicht bedeutet vor allem, Vertrauen darin zu haben, dass der Weg, der vor mir liegt, genau richtig für mich ist, denn es ist MEIN WEG. Ich weiß dann, dass ich dabei mit Verletzungen, Misserfolgen, Ablehnungen und Ängsten konfrontiert sein werde, doch ich habe erfahren und darf darauf vertrauen, dass ich eine ungeahnte, innere Kraft besitze, die mit jedem Wegabschnitt weiter anwächst – wenn auch meist erst rückblickend. Lebenskrisen können uns den Lebensmut nehmen und uns machtlos fühlen lassen. Doch nur so lange, bis wir auch unseren herausfordernden Emotionen Raum geben, indem wir sie wirklich fühlen und ihrer Botschaft lauschen.

Hand in Hand mit der Angst

Seit dem Beginn der Corona-Krise begleiten Ängste, Unsicherheiten und Zweifel unseren Alltag – Angst um den Arbeitsplatz oder die Gesundheit unserer Liebsten, Unsicherheit bei der Wahl unserer Informationsquellen, Zweifel an der eigenen Kompetenz. Zuversicht lockert die Fesseln der Angst, sodass wir Hand in Hand mit ihr nach vorne schreiten können. „Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass etwas wichtiger ist als die Angst.“ (Eleonor Roosevelt)

„Zu-versicht“ ermöglicht einen freien, hoffnungsvollen Blick in die „Zu-kunft“, ohne dabei den genauen Ausgang festzulegen. Die Zuversicht sagt nicht: Am Ende muss und werde ich gewinnen. Sie ist ein Ruf aus der Zukunft an unser jetziges Ich, der uns dazu ermutigt, uns dem Leben vertrauensvoll hinzugeben und gleichzeitig unsere Zukunft aktiv dort mitzugestalten, wo es gerade möglich ist. Sie erfordert und fördert unsere Selbstbestimmtheit gleichermaßen.
Wo also können wir aktuell selbst etwas bewirken? Wie können wir uns gut um uns selbst oder andere kümmern, um auf diese Weise kraftvoll zu bleiben?

Mutig sein und loslassen

Im Gegensatz zur Zuversicht kann uns ein blinder Optimismus manchmal einreden, dass wir unter allen Umständen an einer ganz bestimmten Vorstellung von unserem Leben festhalten sollten. „Ehrliche Zuversicht“ dagegen beinhaltet die Bereitschaft, die eingeschlagene Richtung noch einmal zu überdenken und sich einzugestehen, dass etwas auf die begonnene Art und Weise nicht zu funktionieren scheint. Sie bestärkt uns darin, Dinge abzuschließen, sie loszulassen und einen Neuanfang zu wagen.

Du bist stärker als du glaubst

Auch wenn wir unsere Zuversicht bisweilen verlieren, lässt sie sich immer wieder zurückerobern. Indem wir uns beispielsweise von der optimistischen, inneren Haltung eines Menschen anstecken lassen, dessen Leben nicht immer leicht war, der aber trotzdem gestärkt aus einer schwierigen Phase hervorgegangen ist, können wir unsere eigene Zuversicht wieder stärken.

Schon seit Jahrtausenden gilt der Phönix, der aus der Asche aufsteigt, als Sinnbild dieser Verwandlung. Er zeigt, dass Totgeglaubtes wieder zum Leben erweckt werden kann, dass selbst dort Hoffnung im Herzen besteht, wo unser Verstand bereits aufgegeben hat.
Den Glauben, dass auch wir selbstwirksam zu einem gelingenden Leben beitragen können, fördern wir, indem wir uns unserer eigenen Phönixmomente bewusst werden. Eine gemeisterte Prüfung oder eine geheilte Wunde – körperlich wie emotional – kann uns daran erinnern, dass auch uns diese Stärke innewohnt. Eine Kraft, die es uns ermöglichen wird, wieder herzlich zu lachen, bedingungslos zu lieben, vertrauensvoll zu leben – die Kraft der Zuversicht!

So stärkst du deine Zuversicht

Mache diese kleine Übung, indem du dir die folgenden Fragen stellst: Wessen Lebensgeschichte könnte dir als Quelle der Zuversicht dienen und weshalb? Was sind deine persönlichen „Phönixmomente“? Notiere dir fünf vergangene Lebensumstände, die dich auf den ersten Blick einschüchterten oder dich viel Kraft gekostet haben, die du aber rückblickend gut bewältigt hast: ein Jobwechsel, ein Neustart in einer anderen Stadt, eine schwierige Prüfung, eine überstandene Krankheit? Welche Erkenntnisse konntest du auf Grund dieser gemeisterten Lebenssituationen dazu gewinnen?

Karima Stockmann ist Rednerin, Autorin, Achtsamkeitscoach und Lebensfreude-Stifterin. Mit ihren Büchern, Vorträgen und (Blog-)Artikeln vermittelt sie alltagstaugliche Tipps für mehr Zufriedenheit, Achtsamkeit und Lebensfreude.

Am 20. Mai 2022 kannst du Karima Stockmann auf dem bewusster-leben-tag in Konstanz am Bodensee live erleben. Infos und Tickets gibt’s hier!


Zum Weiterlesen: Karima Stockmann, Du bist stärker, als du glaubst!, Dein Mutmachbuch für die großen und kleinen Herausforderungen des Lebens, Groh Verlag, 15 Euro

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