Die Magie des Augenblicks

Ein Moment, der die Zeit anhält und uns mit seiner Intensität verzaubert. Das unbeschreibliche Gefühl, das uns erfasst, wenn wir voll und ganz im Hier und Jetzt leben: sei es ein Lächeln, das unerwartet unsere Seele berührt oder der erste Sonnenstrahl am Morgen. Wer innehält, kann die wahre Magie in den kleinen Augenblicken entdecken, die das Leben wundervoll machen

Es beginnt mit dem Klingeln des Weckers. Gedanken an die Unmenge von Dingen, die ich tagsüber zu erledigen habe, schießen durch meinen Kopf, als hätten sie die ganze Nacht nur auf diesen Moment gewartet. Eilig stehe ich auf, gehe duschen, ziehe mich an und frühstücke, stets in Gedanken schon bei der nächsten Sache. Am Bahnhof angekommen kämpfe ich mich durch die wuseligen Menschenmassen und erwische gerade noch meinen Zug, in dem lauter müde Gesichter sitzen, mit Kopfhörern in den Ohren, auf ihr Smartphone blickend. Bei der Arbeit schreit mir ein voller Tagesplan entgegen. Ich verliere mich in Terminen, Besprechungen und To-dos, geplagt von dem ständigen Gefühl, der Zeit hinterherzurennen und nie schnell genug zu sein.

Gedankenketten und Bilderfetzen

Als die Uhr mir schließlich anzeigt, dass Feierabend ist, erschrecke ich. Der Tag verging, als hätte ihn jemand mit dem Finger weggeschnipst. Zu Hause komme ich mir vor, wie in einem vorgespulten Film. Und als ich dann endlich im Bett liege und der Lärm des Tages zwar langsam verstummt, beginnt der Lärm in meinem Kopf umso lauter zu werden: Mein inneres Orchester spielt ein wildes Wirrwarr aus Gedankenketten und Bilderfetzen, Erinnerungen an heute und Sorgen über morgen. Doch ganz leise, ganz sanft und zaghaft aus den hinteren Reihen kommend, erklingt eine bittersüße Melodie. Es ist die Sehnsucht danach, aus diesem Wahnsinn auszusteigen. Einfach wegzugehen, an einen Ort, wo die Welt stillsteht und die Zeit langsamer vergeht, wo ich nichts erledigen, nichts planen, nichts denken muss, sondern einfach sein kann. Ganz ruhig und friedlich, ganz bei mir.

Das Glück liegt in dir selbst

Vor lauter Erschöpfung wünschen wir uns manchmal eine Tür, durch die wir fliehen könnten, auf eine einsame Insel oder in eine verlassene Berghütte, Hauptsache ganz weit weg. Ab und zu tun wir das auch: Wir fahren für zwei Wochen in den Urlaub, liegen am Strand und fühlen uns wunderbar ruhig, gelassen und entspannt. Im Gegensatz zu unserem alltäglichen Leben sind wir achtsam und präsent und nehmen unsere Umgebung bewusst wahr: Wir riechen die Meeresluft, lauschen der Brandung, beobachten die im Wind wehenden Palmenwedel, fühlen den Sand unter unseren Füßen und genießen in vollen Zügen. Wir finden hier, was uns im Alltag fehlt: Ruhe, Entspannung und den Kontakt zu uns selbst.

In Kontakt mit dir

Früher oder später kehren wir jedoch in den Alltag zurück und meist ist es, als hätten wir die innere Ruhe am Strand zurückgelassen. Wie ein Rädchen, das in ein Uhrwerk eingefügt wird, laufen auch wir ganz schnell wieder im Takt der Welt. Doch das Geheimnis ist: Das, was wir in der Ferne suchen, ist viel näher, als wir denken. Wenn wir es immer nur im Außen suchen, übersehen wir es leicht. Es liegt nämlich nicht da draußen auf einer weit entfernten Insel, sondern hier, in uns selbst. Wenn wir unsere Fühler von den äußeren Dingen lösen und nach innen wenden, wenn wir ins Hier und Jetzt zurückkehren und mit uns selbst in Kontakt kommen, öffnen wir die Tür, nach der wir gesucht haben: die Tür zu unserer inneren Welt. Hier ist es, wo wir Ruhe und Frieden finden. Jederzeit.

Das Wunder der Achtsamkeit

Ein Schlüssel, um diese Tür zu öffnen, ist Achtsamkeit. Sind wir achtsam, dann sind wir ganz im gegenwärtigen Moment. Wir nehmen unsere Gedanken und Gefühle und unsere Umwelt wahr – aber ohne uns darin zu verlieren. So, als würden wir das alles von außen beobachten, aus einer liebevollen und mitfühlenden Perspektive. Das schenkt uns Ruhe. Wenn wir zum Beispiel merken, dass sich unsere Gedanken gerade wieder einmal tief in die Vergangenheit vergraben oder ungestüm in die Zukunft galoppieren. Dann haben wir die Wahl, ob wir diesen Gedanken folgen, oder ob wir einen Schritt zurückmachen, sie von außen beobachten und bewusst weiterziehen lassen, wie Wolken am Himmel. Achtsam sein heißt, die Seite zu wechseln: Wir treten aus den Stürmen unserer Gedanken aus und werden zur Beobachterin. Wir sind nicht die Wolken – wir sind der weite, blaue Himmel.
Jacqueline Fischer

Den ganzen Artikel finden Sie in unserer bewusster leben Ausgabe 2/2025

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