Wir sprechen mit Samuel Koch über Resilienz, seine Beziehung zu Gott, seinen Traum, eines Tages ein Hoffnungsinstitut zu gründen und darüber, warum er sich aus den sozialen Medien verabschiedet hat.
Samuel Koch ist ein deutscher Schauspieler, Autor und Ensemblemitglied bei den Münchner Kammerspielen. Er wurde durch die Fernsehshow „Wetten, dass ..?“ bekannt, als er sich beim Versuch, mit Sprungstelzen über ein fahrendes Auto zu springen, schwer verletzte. Seitdem sitzt er von der Brust abwärts gelähmt im Rollstuhl. Millionen Menschen nehmen Anteil an seinem Schicksal und lassen sich von seinem Kampfgeist und seinem Mut inspirieren.
Herr Koch, Sie sind für viele Menschen ein Mutmacher. Was hat Ihnen nach Ihrem Unfall geholfen, den Halt in Ihrem Leben nicht zu verlieren?
Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat den Begriff des „Mutmachers“ für mich geprägt. Das ist überaus freundlich und wertschätzend von ihm. Trotzdem tue ich mich damit schwer. Denn letztlich kann man keinen Mut machen, also Mut produzieren. Den Mut zum Leben, zum Sterben, zum Weitermachen muss jeder in seiner Situation selbst aufbringen. Wenn ich jemanden dazu inspirieren kann, freut mich das sehr. Ein Schlüsselmoment war ungefähr nach drei Monaten in meiner Erstreha – ich wurde zum ersten Mal im Rollstuhl auf einen Balkon geschoben. Vor mir Wiesen, ein See, schneebedeckte Berge, endlich frische Bergluft ohne Luftröhrenschnitt – das brachte mich zum Schmunzeln. Ein erster kleiner Moment, der mich mitten im Schmerz hat hoffen lassen, dass es ein lebenswertes Leben geben könnte.
Auf die Frage „Wie hast du das geschafft?“ lautet die Antwort: nicht allein. Da sind einmal die Menschen, die Familie, Freunde, Kollegen, eben die Begegnungen. Mein Vater musste einen Plan erstellen, weil mich so viele Bekannte und Freunde besuchen wollten. Und weil ich sah, dass andere Patienten wenig oder gar keinen Besuch bekommen hatten, dachte ich: „Das darf nicht sein.“ Auch deshalb haben wir den Verein „Samuel Koch und Freunde“ gegründet, um anderen zu helfen, wieder Mut, Kraft und Hoffnung zu schöpfen. Bis heute sind Freunde und Familie eine große Hilfe, ohne die vieles für mich gar nicht möglich wäre. Mir hat auch die Tatsache geholfen, eine Beschäftigung, eine Aufgabe zu haben und dabei auch die Sinnhaftigkeit zu suchen und sie im Optimalfall zu finden. Wenn all das wegfällt, dann trägt mich das Transzendentale, also mein Glaube. Der Glaube ist für mich nicht nur ein religiöses, psychologisches Konstrukt, sondern eine lebenserhaltende Maßnahme.
Wie hat sich Ihre Beziehung zu Gott verändert?
Mein Glaube ist nicht direkt anders, aber intensiver. Wenn man davon ausgeht, dass sich ohnehin ständig überall alles ändert, dann hat sich auch mein Glaube verändert. Alles, was zu dem vermeintlich naiven Kinderglauben und der Vorstellung „Gott wird schon auf uns aufpassen und schauen, dass alles gut geht“ gehört, habe ich ad acta gelegt. Durch meinen Unfall musste ich notgedrungen feststellen, dass es Wichtigeres gibt oder geben muss als körperliche Unversehrtheit. So hat sich einiges in meinem Glauben relativiert, aber auch intensiviert.
Das ganze Interview findest du in unserer bewusster leben Ausgabe 6/2025



