Mit ganzem Herzen lieben

Wie eine Pflanze bedarf die Liebe der Pflege. Es gilt, sich für die Beziehung zu engagieren, sich voll und ganz auf den anderen einzulassen. Der Schlüssel zu einer dauerhaften Partnerschaft heißt Commitment.

Mann trifft Frau, die beiden überwinden ein paar Hindernisse, finden sich schließlich und leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Warum sollte Liebe der Pflege bedürfen? Schlägt sie nicht vielmehr ein wie der Blitz aus heiterem Himmel? Nicht einmal die Tatsache, dass jede dritte Ehe geschieden wird, kann diesen kollektiven Irrglauben nachhaltig erschüttern. Dann lag der Blitz eben daneben. Kein Problem – sobald er die richtigen Zwei trifft, hängt der Himmel wieder voller Geigen, und die Liebe bedarf keiner Pflege.

Die Liebe pflegen

Liebespflege klingt ja auch ziemlich uncool. Als wäre die Liebe ein siechender Patient, der ohne Herzdruckmassage und regelmäßigem Umlagern nicht überlebt. Um die Schönheit der Pflege zu entdecken, hilft es vielleicht, die Metapher zu wechseln. Weg vom Krankenbett, hin zum Garten.

Stellen Sie sich einen verwunschenen Fleck Erde vor, mit wunderschönen Blumen, großem Gemüsebeet, alten Bäumen, verwilderten Ecken und dornigen Sträuchern. Glauben Sie, das Ihnen anvertraute Kleinod wird im nächsten Jahr so zauberhaft bleiben, wenn Sie keinen Finger dafür rühren? Die Liebe, so Autor und Paartherapeut Guy Bodenmann, „bedarf der kontinuierlichen Fürsorge. Man muss sie wässern, düngen, ans Licht oder in den Schatten stellen, offen sein für das, was sie braucht, und darauf reagieren.“
Im Idealfall sind Liebende wie Hobby-Gärtner. Sie haben ein bisschen Ahnung von Bodenbeschaffenheit, Pflanzenkunde und Gartengestaltung. Wissen, was wann gesät und geerntet wird, welche Pflanze gedüngt und welche zurückgeschnitten gehört. Doch bedeutender als jedes theoretische Wissen ist die tägliche Pflege. Ein paar Samen einsetzen und den Rest des Jahres darauf vertrauen, dass schon irgendwas dabei herausspringt, erscheint sträflich naiv. Und umgekehrt weiß jede erfahrene Gärtnerin, dass auch bei optimaler Pflege nicht jeder Setzling gedeihen wird. Dieses Jahr sprießt der Rucola wild und üppig, im nächsten Jahr zeigen sich an gleicher Stelle nur drei mickrige Stängel.

Wie die Liebe gedeihen kann

Es ist die Selbstverpflichtung des Gärtners, sich um den Garten zu kümmern, die den Zauber des Gartens über die Jahre bewahrt. Und weil das Wort „Pflicht“ in unserer Bloß-nicht-Festlegen-Gesellschaft einen schlechten Ruf hat, können wir es durch „Commitment“ ersetzen. Hier steht anders als bei der „Pflicht“ der Aspekt der Freiwilligkeit im Mittelpunkt. Es geht um Engagement, Bindung, Verbindlichkeit, Zusage. Der Beziehungsforscher Bodenmann betont noch einen weiteren entscheidenden Gesichtspunkt: „Commitment ist daher mehr als nur Engagement für die Liebe. Es ist der Wille, sie zu pflegen, die Bereitschaft, sich um ihr Gedeihen zu bemühen.“
In vielen Lebensbereichen gilt aktives Commitment als Selbstverständlichkeit. Ohne Commitment kann man Kinder nicht aufziehen, keine Karriere machen, nicht Klavier spielen lernen, und eben auch kein Gemüsebeet anlegen.

Zum Weiterlesen:

Guy Bodenmann, Mit ganzem Herzen lieben, Patmos Verlag, 20 Euro

Den ganzen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe bewusster leben 2/2021

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